Die Zeit des Aufbaues 1922 - 1933
Obwohl das Gründungsjahr der St. Hubertus Schützengilde sehr
zufriedenstellend für alle Beteiligten und vor allem für die Schützenbrüder
war, stellte sich bereits im Jahr 1922 eine erste kleine Krise ein. Man spürte
die Folgen des ersten Weltkrieges und des daraus resultierenden Versailler
Vertrages immer deutlicher. Als dann die Franzosen im Ruhrgebiet
einmarschierten, weil das Deutsche Reich mit den Reparationszahlungen im Rückstand
war, erfuhr die ohnehin schon schwache Währung eine verstärkte
Inflationsphase. Man muß sich vorstellen: während im Juli 1914 ein US-Dollar
nur 4,2 Reichsmark wert war, verschlechterte sich dieses Verhältnis bis zum
November 1923 auf 1 US-Dollar zu 4,2 Billionen Reichsmark. Angesichts dieser
Zahlen kann man wohl verstehen, daß 1922 keiner in der Lage war, die
finanzielle Verantwortung für die Königswürde zu übernehmen. Trotzdem wurde
aber ein Stiftungsfest gehalten, was eine Festanzeige aus dem „Jülicher
Kreisblatt“ beweist, zu dem auch wieder das Dorf festlich geschmückt wurde.
Allerdings mu0te selbst die Beflaggung der Häuser zu der Zeit von der
Besatzungsbehörde genehmigt werden, wie schriftliche Zeugnisse belegen. 1923,
als die Inflationsrate den höchsten Stand erreichte, schien es dann aber doch
kein Schützenfest gegeben zu haben, zumindest wurde für ein solches nicht
inseriert. Aber leider liegen uns heute keinerlei Schriftstücke über diese
beiden schweren Jahre vor, so daß dieser Verlauf These bleiben muß, aber
aufgrund des historischen Hintergrundes als höchstwahrscheinlich anzusehen ist.
Erst im November 1923 legte der damalige Reichskanzler Gustav Stresemann den
sogenannten „Ruhrkampf“ nieder, und führte durch eine Währungsreform die
Rentenmark, die später wieder Reichsmark hieß, ein. Diese erlangte durch das
Vertrauen der Bürger schnell Stabilität. So kam es dann auch, daß 1924 die
Altenburger Schützen wieder aktiv wurden und erneut ein Stiftungsfest halten
wollten. Ab diesem Jahr wurde dann auch durchgehend ein Protokollbuch geführt,
so daß sich die Berichterstattung dieser Festschrift auf schriftliche Quellen
berufen kann.
Das Besondere am Schützenfest 1924 war zweifelsohne die kirchliche Weihe
unserer ersten Fahne, welche am Sonntag des Festes bei der heiligen Messe von
Herrn Pfarrer Josef Wimmer durchgeführt wurde. Dieses Ereignis war Anlaß,
viele befreundete Vereine einzuladen, die auch zu 15 an der Zahl erschienen.
Gastgesellschaften waren im einzelnen die Maigesellschaft Altenburg, der
Kriegerverein Selgersdorf sowie die Schützenbruderschaften und Gilden aus
Schophoven, Barmen, Pier, Hambach, Altdorf, Merken, Steinstraß, Welldorf,
Mersch, Huchem-Stammeln, Schleiden, Niederzier und Inden.
Bei so vielen
Besuchern bildete man als Hilfe für den Vorstand einen Festausschuß, der sich
speziell um einen reibungslosen Ablauf kümmerte. Dieser Festausschuß setzte
sich zusammen aus den Herren Christian Krauthausen, Fritz Thelen, Heinrich Stahs,
Michael Stahs, Heinrich Peterhoff sowie Anton Moll. Letztendlich verliefen der
Sonntag und der Montag recht harmonisch. Der Samstag war ein Tag, an dem die
Öffentlichkeit es nicht so gerne sah, daß gefeiert wurde, vor allem nicht mit
der nötigen flüssigen Beilage. Deshalb findet der Samstagabend auch erst im
Jahr 1927 eine Erwähnung, aber auch nur, um einen Fackelzug durch den Ort zu
veranstalten. In den dreißiger Jahren wurde er dann wieder gänzlich fallen
gelassen. Fackelzüge sind jedoch schon vorher durchgeführt worden, und zwar in
der Form eines Königsfackelzuges am Montagabend. Dazu gehörte dann immer noch
ein Feuerwerk, das teils vom Verein, teils von Spenden der Dorfbewohner
finanziert, während des Umzuges von jedem privat abgefeuert wurde.
Hauptakteure bei diesen Umzügen waren natürlich die Offiziere. Gingen sie 1921
noch in Frack und Zylinder, waren sie 1924 bereits im Besitz von speziellen
Hüten und erhielten am 6. Juni 1925 erste Epauletten und neue Schärpen. Um
aber dem Betrachter mehr zu bieten, beschloß man 1927 sich nach Mustern für
Waffenröcke umzusehen. Am 8. Januar 1928 kam man schließlich mit dem
Schneidermeister Vogels aus Jülich überein, unserer Gilde 10 Waffenröcke zum
Stückpreis von 55 Reichsmark anzufertigen. Heute erscheint dieser Betrag nicht
gerade hoch, doch zu damaliger Zeit war es viel Geld, bedenkt man, daß ein
Liter Bier in der Dorfschenke 55 Reichspfennige kostete und selbst für den
Eintritt auf die Festwiese beim Schützenfest ein Preis von 20 Pfennigen erhoben
wurde. Trotzdem schaffte es unsere junge Gilde diesen Betrag aufzubringen, und
so konnten am 6. Mai 1928, auf dem 100-jährigen Jubiläumsumzug der
Maigesellschaft Altenburg, die ersten Uniformierten der St. Hubertus
Schützengilde ihren Auftritt halten. Dieses Offizierkorps sah mit Rang und
Namen wie folgt aus, was man auch auf dem Bild von Seite 36 nachvollziehen kann: Vorne weg ging Fähnrich Gottfried Krauthausen,
links und rechts daneben die beiden Fahnenoffiziere Fritz Thelen und Heinrich
Peterhoff. Auf dem linken Pferd ritt Oberst Franz Hohn, daneben Major Wilhelm
Krauthausen. Diesen folgten die beiden Adjutanten Heinrich und Michael Stahs.
Dahinter folgten Gottfried Krauthausen als Hauptmann und schließlich Wilhelm
Reinartz und Josef Lammers als erster und zweiter Zugführer. Die Säbel wurden
erst später angeschafft und mußten entweder aus eigener Tasche gekauft oder
ausgeliehen werden. Was natürlich auch zu jedem Schützenzug gehört ist ein
stattliches Trommelkorps, welches bei uns in den zwanziger Jahren aus Pier kam. Dieses erschien in einer Stärke von fünf Mann in schwarzem Anzug und Zylinder
und spielte uns den Marsch, was trotz der geringen Anzahl an Spielern immer gut
gelang. Was es damals auch gab, und sich in ähnlicher Form bis heute erhalten
hat, war eine Kutsche. In dieser wurden damals der König und die
Ehrenmitglieder gefahren. Gestellt wurde ein solches Fahrzeug jahrelang von der
Witwe des verstorbenen Ehrenmitgliedes Bernhard Krauthausen. Heutzutage gegen
die Majestäten bei uns zwar zu Fuß, doch unsere älteren Kameraden werden
immer noch mittels eines fahrbaren Untersatzes mitgenommen.
(Text: Thomas Schmidt, 1996)
Nach elfjähriger Besatzungszeit belgischer und französischer Truppen
veranstaltete die Kreisstadt Jülich am 1. Dezember 1929 eine großangelegte
"Befreiungsfeier", an der auch unsere Schützengilde teilnahm. Die
Befreiungsmedaille, die sich heute an unserer Königskette befindet, wurde an
alle teilnehmenden Vereine ausgebeben. Die Medaille zeigt auf Vor- und
Rückseite einen Adler und das Jülicher Kreiswappen. Die Inschrift
lautet: "Das Land ist frei | Befreiungstag 1 Dez 1929 | Kreis | Jülich
| Stadt".
(Quelle: Günter Bers [Hrsg.] "Freiheit, Heimat, Vaterland" Die
Befreiungsfeier der Stadt Jülich im Jahre 1929 - Eine Dokumentation)