Vom Neuanfang bis zum 75. Geburtstag
Ab dem 8. Mai 1945 schwiegen die Waffen in Europa. Wie Deutschland, der Verlierer des Krieges ausgesehen hat, wird wohl jeder wissen. Auch Altenburg, in das nach der Durchquerung der Alliierten relativ schnell die ersten Einwohner aus der Evakuierung zurückkehrten, war nicht verschont geblieben. Kein Fenster und kein Dach hatte dem Artilleriebschuß standhalten können. Unsere Gilde traf es besonders hart. Von den vielen Vereinskameraden, die für unser Vaterland ihre Heimat verlassen haben, blieben 10 auf dem Felde der Ehre und von 4 weiteren fehlt bis heute jede Spur. Zusammen mit den anderen gefallen und vermißten Kameraden der Dorfgemeinschaft wurden sie 1977 auf einer Tafel in der neuen Kapelle zu Altenburg in ehrendem Andenken verewigt.
Photo: Die Gedenktafel für die Gefallenen und Vermißten des Zweiten
Weltkrieges wurde beim Schützenfest 1977 durch Karl Knipprath, den
Bürgermeister der Stadt Jülich, feierlich in der Kapelle zu Altenburg
enthüllt.
Weiterhin hatte unser Verein
einen hohen materiellen Verlust zu beklagen. Von den ehemals 10 stattlichen
Uniformierten konnten lediglich zwei wieder aufgefunden werden, die später
eingesammelt wurden, damit sie nicht zu falschen Zwecken verwendet würden. Auch
die dazugehörigen Säbel waren alle verschwunden, genauso wie die Gewehre, was
eine Fortführung unseres Schießsportes für die erste Zeit unmöglich machte.
Glück hatten wir mit der Königskette und unserer Vereinsfahne, die wie alles
andere auch zurückgelassen wurden, aber an Ort und Stelle unbehelligt wieder
vorgefunden werden konnten. Was wiederum
tragisch war, ist der Verlust der neuen Vereinsfahne, die erst am 6.
November 1937 von uns in Auftrag gegeben wurde. Von ihr gibt es leider keinerlei
Abbildung und auch die wenigsten unserer Mitglieder können heute noch mit Gewißheit
sagen, daß sie sich an dieses Stück Vereinsgeschichte erinnern können. So
bleibt sie, ehrenvoll wie sie damals getragen worden sein muß, heute nicht mehr
als ein unbedeutender Punkt in der Geschichte unserer Bruderschaft. Betrachtet
man den Zustand des Dorfes und die materielle Basis unseres Vereins, kann man
wohl verstehen daß direkt nach dem Krieg keiner ein Interesse daran zeigte, die
Schützenidee zu reaktivieren. Erst 1948 wurden Stimmen laut, erneut ein
Stiftungsfest zu halten, nachdem 1947 die Maigesellschaft Altenburg bereits ihr
erstes Nachkriegsfest gefeiert hatte. Da es jedoch noch keine Zelte gab, legte
man schlicht und einfach einen Tanzboden aus, der zur Ausschmückung mit Sträuchern
umrandet wurde. Ringsherum stellte man Tische und Bänke auf, die es immerhin
ermöglichten, sich in einer gemütlichen Runde zu vertiefen. Ein Jahr später
konnten wir dann wieder ein Zelt mieten, woraufhin die alte Atmosphäre wieder
hergestellt war. Preis dafür waren 350 Mark, ein Sack Früchte und zwei Pfund
Fett, woran man sieht, daß Naturalien mehr zählten als Geld, war die Deutsche
Mark doch gerade erst ein Jahr alt. Dazu kam, daß das Zelt selber geholt und
aufgebaut werden mußte. Noch bis in die fünfziger Jahre fuhren die Landwirte
mit ihren Traktoren los, um teilweise aus großen Entfernungen das gute Stück
zu holen, welches dann in Gemeinschaftsarbeit auf den Rurwiesen aufgebaut wurde.
Einmal ist es auch mit der Bahn bis nach Jülich-Süd gebraucht worden, so daß
wir es nicht ganz so weit hatten. Erst in den sechziger Jahren fing es an, daß
die Zeltverleiher ihre eigenen Zugmaschinen und Leute bekamen, die die ganze
Arbeit ohne unser Zutun erledigten. Gut, daß uns dieses abgenommen wurde,
hatten wir doch mit uns genügend eigene Sorgen. Ohne Uniformen gaben wir natürlich
nicht das gewohnte Bild ab, aber trotzdem war jeder Umzug eine würdige
Angelegenheit, hatten wir doch berittene Leute, den Vorstand in schwarzem Anzug
und Zylinder, so wie Ersatzoffiziere, die in der Not auf die alten Schärpen zurückgriffen.
Am 9. Februar 1952 erhielten sie dazu noch neue Hüte, doch es war einfach noch
nicht so wie früher. In einem Jahr haben wir uns auch einmal Uniformen bei den
Broicher Schützenbrüdern geliehen, was natürlich auch kein Zustand war, der
auf die Dauer zu halten gewesen wäre. Deshalb entschied man sich am 10. Januar
1953 zum Kauf neuer eigener Uniformen, der aus Eigeninitiative der zukünftigen
Offiziere, aber auch durch die finanzielle Unterstützung seitens der
Dorfbewohner möglich gemacht wurde. So stiftete zum Beispiel die
Maigesellschaft Altenburg eigene Hüte mit Federbüschen, die ansonsten von den
Offizieren selber hätten bezahlt werden müssen.
Photo: Reitergruppe 1954 auf den Rurwiesen vor dem Festzelt. V.l.n.r.: Heinz
Wolff, Heinrich Stahs, Hubert Frey (Photo: M. Thielen)
Am 8. Mai 1954, wieder auf einem Maifest, konnten sich dann die Offiziere der St. Hubertus Schützenbruderschaft präsentieren, Hauptmann war Gerhard Krauthausen, Fähnrich Dominikus Hüvelmann. Des weiteren waren da Heinz Wolff, Kaspar Frey, Johannes Dreyling sowie Hubert Frey als Adjutant des neuen Generals. Jener wurde Heinrich Stahs, der bereits 1927 als Adjutant des ranghöchsten Offiziers Franz Hohn fungierte und 1952, nach dessen Tod, seine Nachfolge antrat. Doch damit unser Verein nicht ohne Generalfeldmarschall ist, erschienen am 2. Juli 1955 auf einer Versammlung hohe Gäste. Der komplette Kreisvorstand, das gesamte Offizierkorps aus Schophoven und der General aus Merken waren anwesend, um der Beförderung von Heinrich Stahs beizuwohnen, die vom Kreisgeschäftsführer Herrn Stappen ausgesprochen wurde. Sein neuer Adjutant wurde Heinz Bodden, der auch heute noch an der Seite des Generalfeldmarschalls geht. Die einzige einschneidende Veränderung erfuhr das Offizierkorps ansonsten erst 1970, als Heinrich Stahs verstarb und in Ehren in seiner Uniform bestattet wurde. Sein Nachfolger als neuer General wurde Heinz Wolff. Obwohl noch kein Feldmarschall, trug er dennoch dessen Stab, was man natürlich nicht lange so lassen konnte. Daher wurde er am 4. März 1974 zum Generaloberst und auf dem Schützenfest 1976 in einer feierlichen Zeremonie zum Generalfeldmarschall der St. Hubertus Schützen befördert. Bei der steigenden Anzahl von Offizieren kam dann 1992 noch ein General an seine Seite, damit die roten Federbüsche inmitten der vielen grünen nicht vollends untergehen. Was auch noch neu hinzukam und keine Bruderschaft missen darf, war eine neue Vereinsfahne, weil die alte erste Verschleißerscheinungen aufwies. Durch Spenden von Mitgliedern, Dorfbewohnern, der Kirche und vielen anderen konnte am 7. April 1962 die Bestellung bei der Bonner Fahnenfabrik eingehen. Am 20. Juni 1962 erfolgte dann die Lieferung per Post, rechtzeitig vor dem Schützenfest, auf dem sie Sonntagmorgens, am 8. Juli, vom Pfarrer Josef Dohmen in Anwesenheit der Schützen aus Selgersdorf, Krauthausen und Schophoven geweiht wurde. Dazu schafften wir noch einen Fahnenschrank an, der auch heute noch allen drei Heiligtümern unseres Vereins guten Schutz gewährt.
Photo
links: Umzug Schützenfest evtl. um 1954
Photo rechts: unsere Schützenfahne von 1962
Die Vereinsfahnen unserer Bruderschaft
Bei einem so aktiven und gut ausgestatteten Offizierkorps verwundert es nicht, daß so manches Jubiläum gefeiert werden konnte. 1946, das silberne Jubelfest, mußte schon wegen der Kriegsnachwirkungen fallen gelassen werden, doch dafür wurde der 40. Geburtstag im Jahre 1961 um so festlicher in Angriff genommen. Höhepunkt war der Samstagabend, an dem neben einem Zapfenstreich mit anschließendem Feuerwerk auch ein Festkommers veranstaltet wurde. Zu Gast waren der Pfarrer Josef Dohmen, der Bürgermeister der Stadt Jülich Karl Knipprath so wie der Landrat Herr Johnen. Das Programm bestand aus den Ehrungen von immerhin noch 21 Gründern und Mitbegründern so wie von 10 aktiven Schützen, die alle vom Pierer Generaladjutanten Herrn Flatten ausgesprochen wurden. Dementsprechend wurde dann auch das 50-jährige Bestehen groß gefeiert. Schirmherr war der Bürgermeister Karl Knipprath, der jedoch aufgrund eines familiären Trauerfalles nicht erscheinen konnte und so vom Stadtdirektor Herrn Schröder vertreten wurde, der dann auch die Festrede hielt. Während des Festkommers wurde den letzten vier Gründer der Bruderschaft (Josef Krauthausen, Jakob Muckel, Johann Frey, Michael Stahs) für ihr immer noch aktives Vereinsleben gedankt, wobei der Männergesangverein Jülich für einen musikalischen Rahmen sorgte. Ebenfalls anwesend waren Abordnungen von 11 Gastbruderschaften, die Sonntagnachmittags dann auch in voller Stärke am Festzug teilnahmen. Zusätzlich zu dem Trommel- und Pfeifferkorps gab es Fahnenschwenker und den international bekannten Musikverein Waldenrath, der mit 50 Mann im Anschluß an den Umzug ein Platzkonzert hielt. Letztes Jubiläum im Bunde war das 60-jährige, das noch von einem Gründungsmitglied, Jakob Muckel, mitbegangen werden konnte. Auch zu diesem waren wieder viele Gastvereine am Samstagabend auf dem kleinen Festkommers zu Besuch, der durch einen Zapfenstreich eingeleitet wurde. Schirmherr war unser langjähriges Vereinsmitglied und Landtagsabgeordneter Karl Frey.
Alle diese Feste zeugen von einem gesundem Vereinsleben, auch wenn es immer wieder kleine Schwankungen gegeben hat. Erwähnenswert ist dabei das Jahr 1982. Zum erstenmal fand sich unter den vielen Mitgliedern keiner, der bereit war, den Königsvogel herabzuschießen. Lange wurde gesucht und verhandelt, doch trotz aller Mühen stand dieses traurige Ergebnis endgültig fest. Deshalb suchte man sich für den Montagabend, an dem normalerweise der Königsball stattfindet, ein Alternativprogramm. Schließlich entschloß man sich, alle alten Könige einzuladen, die nochmals, jeder mit einem kleinem Gefolge, alte Zeiten aufleben lassen sollten. Der Einmarsch der einzelnen Königspaare ins Festzelt richtete sich dabei nach dem Jahr der Residenzzeit, damit sich niemand zurückgestellt fühlte. Trotz fehlendem König verlief das Fest so gut, daß sich im darauffolgenden Jahr dann doch wieder eine neue Majestät fand, die sich für den Fortbestand der guten alten Tradition einzusetzen wußte. Doch die Tradition des Schützenfestes ist nicht die einzige, die unser Verein aufzuweisen hat. Was schon immer zu unseren Aufgaben zählte war die Ausrichtung des höchsten Festes aller Schützen, des Fronleichnamfestes, und die Teilnahme an Festen und Trauerfällen von Vereinsmitgliedern. Hier sei an die schönen Goldhochzeiten der Ehepaare Schmitz im Jahre 1927, Reuscher im Jahre 1956 und Frey im Jahre 1995 erinnert. Ganz besonderen Anlaß zum Feiern gab jedoch die Diamanthochzeit des Ehepaares Franz Fischer im Oktober 1992. 1955 wurde uns die Organisation des St. Martinzuges übertragen, bei dem u.a. alle Kinder mit Süßigkeiten beschenkt werden, die, durch Dorfsammlungen finanziert, damals noch im dorfeigenen Geschäft des Herrn Thelen besorgt wurden. 1984 begann dann unsere glorreiche Ära bei dem alljährlichen Turnier "Unser Dorf spielt Fußball" unter der Federführung unseres Vereinsmitgliedes Peter Hüvelmann, der versuchte, in unserem Dorf eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Ganz erfolglos waren wir nie und wir sind auch schon unter den besten drei gewesen, doch meistens gehörten wir zu den Mannschaften, sie sich auf jeden Fall freuten, daß sie dabei gewesen sind und viel Spaß gehabt haben.
Was jedoch für die Dorfgemeinschaft viel interessanter war, ist wohl das Datum des 15. September 1985, weil an diesem Tag das erste Altenburger Dorffest stattfand. Bei Kaffee und Kuchen begann nachmittags die Zusammenkunft, die in eine lustige Runde bei Bier und Würstchen überging. Beim erstenmal gaben wir die Durchführung noch in fremde Hände, doch schnell wechselten diese Angelegenheiten in die Obhut freiwilliger Dorfbewohner. Die Frauen leiten die Cafeteria uns spenden dafür auch viele Kuchen. Am Zapf stehen alle die, die trinkfest sind, denn dort muß so manche Runde überstanden werden. Höhepunkt ist jedes Jahr eine Tombola, bei der unter großem Zuspruch als erster Preis eine 9-tägige Reise verlost wird. Dieses Fest ist noch nicht sonderlich alt, doch einen festen Platz am Anfang Oktober hat es trotzdem bekommen und man erzählt sich gern und lange von den Erlebnissen an diesen Tagen.
Doch zurück zur eigentlichen Schützentätigkeit: denn am 16. Februar 1992 setzte man durch, was noch nicht bei allen Schützenbruderschaften eine Selbstverständlichkeit ist: die Mitgliedschaft der Frauen. Was bisher so unscheinbar in unseren Statuten gestanden hat, daß wir eine Vereinigung christlicher Männer sind, wurde im Sinne der Gleichberechtigung beider Geschlechter umgeschrieben. Diese Entwicklung kam zwar nicht von heute auf morgen, doch mittlerweile sind die Frauen ein fester Bestandteil unserer Bruderschaft und vor allem unseres äußeren Auftretens geworden. 1994 wurde mit Birgitt Jost dann sogar die erste Frau St. Hubertus Königin, die somit Vorreiterin für hoffentlich noch viele Majestätinnen geworden ist.
So gehen wir dieses Jahr also ins 75-jährige Jubiläum. Erwartet werden
viele Gäste, nicht nur am Samstagabend zum großen Zapfenstreich, sondern auch
am Sonntagmorgen zum Festkommers, wo unter der Schirmherrschaft des Jülicher
Bürgermeisters, Herrn Dr. Peter Nieveler, der runde Geburtstag gefeiert wird.
Doch der Höhepunkt dieses Wochenendes wird zweifellos die Taufe unserer Kapelle
sein. 1975 durch Pfarrer Josef Dohmen ihrer Bestimmung übergeben, wird sie
dieses Jahr durch Pfarrer Dr. Peter Jöcken den Namen St. Hubertus Kapelle
erhalten, wobei sie den zentralen Charakter innerhalb unseres Dorfes noch
verstärkt bekommt, ist sie doch nicht nur geographischer Mittelpunkt, sondern
auch Heimatstätte des letzten verbliebenen Dorfvereins in Altenburg, der das
Leben in unserem kleinen Ort mit gestaltet und prägt. Die Taufe findet am
Kirmesmontag statt, an dem künftig in Altenburg die Heilige Messe gelesen
werden soll.
Hoffen wir also auf eine schöne Feier im festlich geschmückten Altenburg, auf
daß wir noch viele Jahre unsere Majestäten hochleben lassen können und dieses
Jubiläum bei weitem nicht das letzte sein wird, das wir begehen werden.
(Text:
Thomas Schmidt, 1996)
Bild links: Unsere Bruderschaft im Jubiläumsjahr 1996 vor der St. Hubertus
Kapelle (Photo: L. Schmidt)